Wilhelm Meister vor dem Familienhaus in SteinbachWilhelm Meister

*05.04.1895, +18.01.1951

Wilhelm Meister arbeitete als Maler, Bildhauer und Fotograf.

Damit scherte er aus der Reihe der Meisters aus, die als Metzger ihren Unterhalt verdienten. Als er dann auch noch eine evangelische Frau, Mathilde Rinker, geb. Frank heiratete, die zu allem Überfluss auch noch geschieden war, hatte er sich wie es scheint endgültig als das "schwarze Schaf" in der Familie etabliert.

Er war ein Freund von Toni Merz, einem regional bekannten Maler, den er mit großer Wahrscheinlichkeit während seines Kunststudiums in an der Kunstakademie in Karlsruhe kennen gelernt hatte. Wilhelm Meister arbeitete nach der Ausbildung in Karlsruhe als Maler und Bildhauer. Leider liegen in der Schule keine Unterlagen mehr über die Schüler jener Zeit vor.

Toni Merz ist als Maler in der Region nicht unbekannt. Man bezeichnet ihn häufig als den "Schwarzwaldmaler". Er verstarb im Jahre 1966. Wie auch Wilhelm ist Toni Merz 1895 geboren und studierte ebenfalls in Karlsruhe. Obwohl es heißt, Toni Merz sei ein Lehrer von Wilhelm Meister gewesen, gehe ich davon aus, dass sie beide sich als Schüler kennen gelernt hatten. Toni Merz arbeitete im Anschluss an sein Studium als Kunsterzieher und Maler in Sasbach, einem Ort direkt neben Achern. Auf Anfrage im dortigen Museum gab es leider keine Hinweise auf Informationen über Wilhelm Meister. In Obersasbach befindet sich eine Gemäldegalerie, in der man Werke von Toni Merz besichtigen kann.

Nach Studienreisen nach Paris und Berlin ließ sich Wilhelm in Steinbach nieder und baute sich am Abhang eines der Weinberge oberhalb von Steinbach ein Haus. Auf einer Seite, direkt gegenüber des Zuweges des Hauses ging es in die Weinberge. Hinter dem Haus war ein Abhang hinunter in die Ebene, wo der Lehm abgebaut wurde, aus dem der Hügel bestand.

Mit Toni Merz und anderen Malerkollegen traf sich Wilhelm nach Erzählungen meines Vaters Michael, einer der beiden Söhne von Wilhelm Meister, und Michaels Schwester Gabi, regelmäßig in dem Haus. Dort malten sie gemeinsam, unter anderem in dem Studio, das sich Wilhelm im Haus eingerichtet hatte.Zu einer dieser Gelegenheiten malten beide jeweils ein Gemälde von Wilhelms Frau Mathilde. Leider ist nur das Bild von Toni Merz erhalten und befindet sich in unserem Besitz.

Mathillde Meister im Atelier von Wilhelm MeisterNach dem Tod von Wilhelms Frau Mathilde fiel das künstlerische Erbe auseinander. Die Gemälde und Skulpturen von Wilhelm Meister sind leider größtenteils zerstört und verschollen - zum Beispiel alle Bilder, die auf dem Foto aus dem Atelier zu sehen sind. Bei uns hängt noch ein Selbstbildnis von Wilhelm und ein Ölgemälde von seiner Schwester Martha.

Inzwischen ist das Haus abgebrochen worden, außer den beiden Pfosten rechts und links des Eingangs, an denen der Zaun befestigt war, ist nichts mehr erhalten. Das Haus stand, wie bereits erzählt, an einem Abhang, mit freiem Blick auf die Ebene. Der Abhang bestand aus hochwertigem Lehm, der für die unterhalb liegende Fabrik von großem Interesse war und Stück für Stück abgebaut wurde.

Einzelne Stücke von Wilhelm Meister finden sich noch in den Häusern der verschiedenen Mitglieder der Meisters - geschätzt und durchaus gehegt.

Sein Werk umfasste neben Skizzen und Zeichnungen (darunter ein Skizzenbuch mit Zeichnungen aus dem ersten Weltkrieg, den Wilhelm als Soldat in Flandern erlebte), Gemälde (z.B. "Die Lesende" - siehe Katalog der Bühler Kunstausstellung), häufig Landschaftsbilder und Stillleben (siehe Fotos aus dem Atelier links), sowie verschiedene Skulpturen und Figuren.

Vermutlich war Wilhelm nicht sehr erfolgreich beim Verkauf seiner Werke, bei weitem nicht so bekannt wie sein Namensvetter, dem Goethe mit seinem Werk ein Denkmal setzte - und der Namensgeber der Straße war, in der das Haus der Meisters stand: Meister-Erwin-Straße.

Um Geld zu verdienen, vermietete Wilhelm beispielsweise im Sommer Räume in seinem Haus für Sommerfrischler aus den Städten (darunter auch den Arbeitgeber seiner späteren Ehefrau Mathilde, die er genau so auch kennenlernte), oder entwarf unter anderem auch Etiketten für Weinflaschen, eines davon für die Winzergenossenschaft Umweg in Baden-Baden. Dieser Wein trug den Namen "Stich den Buben". Noch heute ziert dieser piekenbewehrte Soldat das Etikett des Weines. Seit 1959 war "Stich den Buben" ein Markenzeichen der Winzergenossenschaft. Dieser Wein entsteht auf einer der ältesten Weinlagen Deutschlands.

Wilhelm Meister als Soldat im 1. WeltkriegSchon als junger Mann, als Soldat an der Westfront während des 1. Weltkrieges, malte und zeichnete Wilhelm Meister. Aufgrund einer schweren Verletzung, die er im ersten Weltkrieg erhalten hatte, wurde er im zweiten Weltkrieg glücklicherweise nicht mehr eingezogen.

Nach Ende des 2. Weltkrieges war Wilhelm einer der Initiatoren der "ersten Bühler Kunstausstellung". Zusammen mit einigen Künstlern, die sich "die Gruppe" nannten, stellte er im dortigen Rathaus seine Werke aus.
Wie bereits erwähnt war Wilhelm nicht nur Maler, sondern auch Bildhauer. Unweit des Ortes Greffern steht ein zurückgesetztes Wegkreuz, das man von der Straße aus kaum entdeckt, wenn man nicht weiß, dass es da steht. Dieses Kreuz stammt von Wihelm Meister.

Dieses Kreuz wurde von einer Familie in Auftrag gegeben, die mit "meinen" Meisters verwandt war. Es sollte an den Sohn dieser Familie erinnern, der im ersten Weltkrieg gefallen ist. Wie es heißt, trägt der Corpus die Gesichtszüge dieses jungen Mannes.

Wilhelm Meister starb am 18. Januar 1951 in Seesen durch einen Verkehrsunfall. Er war damals gemeinsam mit einem Journalisten unterwegs, um in Braunschweig seine Arbeiten auszustellen. In einer Haarnadelkurve verlor der Journalist die Kontrolle über den Wagen und das Fahrzeug kollidierte mit einem LKW. Der Journalist, der den Wagen gefahren hatte, konnte noch rechtzeitig herausspringen. Wilhelm, der im Fond des Wagens saß, schaffte es nicht mehr. Er starb wenige Stunden später in einem Seesener Krankenhaus.

Auf der Staffelei in seinem Haus in Steinbach stand noch das unfertige Bild seiner jüngsten Tochter Gabriele, an dem er gerade gearbeitet hatte. Es wurde von einem der Freunde Wilhelms, Hannes Loos, fertig gestellt.